Tradition verpflichtet

Die Geschichte der Dellnhauser Musikanten

Seit 1948 gibt es die Dellnhauser Musikanten. Sie spielen ihre eigene Musik, die als Hallertauer Volksmusik weit über Bayerns Grenzen hinaus bekannt geworden ist. 2013 feierten sie Jubiläum. Dann war ihre Musik bereits 65 Jahre lang jung geblieben.

Damals noch zu fünft, die Gründungsformation der Dellnhauser Musikanten um 1948.
Damals noch zu fünft, die Gründungsformation der Dellnhauser Musikanten um 1948.

Ihre Geschichte, ist die Geschichte von Michl Eberwein (1929 -1998). Auf dem Schneiderbergl in Dellnhausen in der Hallertau kommt am 10. Mai 1929 Michael Eberwein zur Welt. Er wird in eine Zeit hineingeboren, in der der Volksliedgedanke in Bayern erwacht.

In Rottach-Egern findet 1930 das große Oberbayerische Volksliederpreissingen statt. Kurt Huber und Kiem Pauli sind die Gallionsfiguren der neuen Bewegung, die sich rasch über ganz Bayern ausbreitet. Bereits 1931 rufen sie in Landshut zum ersten Niederbayerischen Preissingen auf. Der Roider Jackl befindet sich damals unter den Preisträgern.

1933 gibt es eine ähnliche Veranstaltung in Mainburg. Vater Josef Eberwein wirkt mit seiner "Hallertauer Sängergruppe Dellnhausen", die er 1925 gegründet hat, mit. Dass der Schneider Sepp, wie ihn die Dorfleute nennen, im Radio singt, schlägt in ihrer kleinen Welt wie eine Bombe ein: Wird er jetzt berühmt?

Tatsächlich, im Laufe der Jahre erlangt er als Volkssänger Bekanntheit mit seinen Hallertauer Liedern. Und wie es häufig geschieht, wenn Kinder die Veranlagung eines Elternteils in die Wiege gelegt bekommen, schlägt die Musikalität auch bei den Eberwein-Söhnen durch.

Michl und Josef Eberwein
Michl und Josef Eberwein

Der kleine Michl ist sieben Jahre alt. Er sitzt immer dabei, wenn die fünf Männer der Gesangsgruppe zum Singen ins Haus kommen, und er ist beeindruckt von ihrem Gesang und ihren dunklen Trachten, den weitkrempigen Hüten, den langen Gehröcken und den kniehohen Faltenstiefeln. Er will in die Fußstapfen des Vaters treten. Zwölfjährig erhält er von 1941 bis 1943 Zither- und Klavierunterricht. Das Harmonikaspielen erlernt er mit großem Fleiß, anfangs mit einem geliehenen Instrument, ehe er drei Meter englischen Kammgarnstoff aus dem Stofflager des Vaters gegen ein Akkordeon mit 120 Bässen eintauschen kann.

Nach Kriegsende spielt der Schneiderlehrbub öfter mit den Brüdern Adolf und Wendl für die Dorfjugend zum Tanz auf. Drei Jahre lang, von 1945-1948, ist der Schneider Michl Harmonikaspieler bei der Blaskapelle im Nachbarort. Mit dem Akkordeon im Rucksack erreicht er die Einsatzorte zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Gespielt wird alles - vom verzwicktesten Zwiefachen bis zum modernsten Schlager. Vor allem an den Zwiefachen findet der Schneider Michl großen Gefallen.


Im Jahr 1948 gründete Michl Eberwein zusammen mit zwei Brüdern die Dellnhauser Musikanten.

Michl Eberwein ist ein Kind seiner Zeit. In seinem Schaffen spiegelt sich die musikalische Umbruchsituation der Nachkriegsära, in der traditionelle und moderne Tanzmusik aufeinanderprallen, wider.

Nicht nur, weil er beide Musikrichtungen immer nebeneinander praktizierte, sondern weil es eine Besetzung wie die der Dellnhauser Musikanten mit Akkordeon und Kontrabass als Rhythmusinstrumente zur Melodie von Holz- und Blechbläsern in der traditionellen Volksmusik bzw. Blasmusik vorher nicht gegeben hat.

Die Instrumentierung ist aber in der modernen Unterhaltungsmusik schon seit den 20er Jahren gebräuchlich.

Dellnhauser Musikanten um 1960
Dellnhauser Musikanten um 1960

Im Januar 1950 stößt der Trompeter Albert Bichlmeier zu den Musikanten - ein Glücksfall, denn „der blost wia da Deife“, wie der Roider Jackl wenige Monate später feststellt.

Bichlmeier hatte seine Ausbildung in der Musikschule Eichstätt erhalten, und dass er mit seinen 21 Jahren noch im selben Jahr im Münchner Theater am Gärtnerplatz verpflichtet wird, spricht für sein Können.

Er ist damals jüngstes Orchestermitglied. Nach 42 Jahren tritt er als dienstältester Musiker am 21. Februar 1992 in den Ruhestand.

Michl Eberwein und Albert Bichlmeier, Musikantenkollegen und Freunde.
Michl Eberwein und Albert Bichlmeier, Musikantenkollegen und Freunde.

Die Dellnhauser Musikanten werden allmählich bekannt.

Am 14. Mai 1950 sind die Dellnhauser Musikanten und die Gesangsgruppe Eberwein zum ersten Mal gemeinsam im Radio zu hören, und zwar mit gesungenen Zwiefachen, dem „Eisenkeilnest“, der "oitn Kath" und dem "Wirt vo Stoa".

Mitte der 50er Jahre folgen erste Fernsehauftritte. Auf dem Schneiderbergl in Dellnhausen finden sich immer häufiger bekannte Namen ein: Annette Thoma, die Schöpferin der deutschen Bauernmesse, der Volksliedsammler Wastl Fanderl, der Schriftsteller Josef Maria Lutz und viele mehr.

Man trifft mit anderen Musikanten zusammen, wie z. B. mit dem Salzburger Tobi Reiser, dem Ebner Otto oder mit Martin Schwab von den Schönauern.

Bei Fernsehauftritten ergeben sich zahlreiche Kontakte mit Schauspielern und Kulturschaffenden: Wastl Witt, Michl Lang, Rudolf Vogel, Liesl Karlstadt, Ludwig Schmidt-Wildy, Willi Rösner, Fritz Straßner, Gustl Bayrhammer, Max Grießer, um nur einige zu nennen. Kontakt besteht auch zu den Volkssängern Schorsch Blädel und Maxl Graf.

Wastl Witt, Michl Lang und Michl Eberwein
Wastl Witt, Michl Lang und Michl Eberwein

Seit 1955 ist Michl Eberwein mit dem Roider Jackl bekannt. Ab den 60er Jahren entwickelt sich daraus eine intensive Zusammenarbeit und tiefe Freundschaft. Am 8. Mai 1975 stirbt Roider. Wenige Tage vorher ordnet er, deutlich wie er immer war, an: "Meine Musikanten solln ma d' Leich spuin - a lateinisch's Requiem im Dom und an Trauerzug mit Choral am Grab!" Selbstverständlich erfüllen die Dellnhauser Musikanten Roiders letzten Wunsch.

Roider Jackl und Dellnhauser Musikanten
Mit dem Roider Jackl verbindet die Dellnhauser Musikanten eine tiefe Freundschaft.

In den Jahren, die Michl Eberwein und seine Musikantenkollegen ins Land ziehen sehen, gibt es manchmal Umbesetzungen, sei es aus beruflichen Gründen, aus Altersgründen oder der traurigen Tatsache wegen, dass auch Musikantenherzen nicht ewig schlagen, wenn Gevatter Tod unnachgiebig zum letzten Tanz geigt. Dem Kollegen, Kameraden oder Bruder schaut keiner gern ins Grab. Aber das gehört zum Leben, das weitergeht wie das Spiel der Musikanten.

In den 80er Jahren geht ein leiser Generationenwechsel über die Bühne.

Michael Eberwein jun.
Tritt nicht nur in die Fußstapfen des Vaters, sondern hinterlässt auch eigene Spuren: Michael Eberwein jun.

Dies geschieht kaum merklich, weil lediglich neue Gesichter hinzukommen, aber die alte Mannschaft im Spiel bleibt. Im Jahr 1998 verstirbt Michl Eberwein sen. Seine Musik jedoch lebt weiter, dafür hat er zu Lebzeiten gesorgt. Sein Sohn Michael Eberwein jun., als Trompeter seit 1979 ständiges Mitglied der Gruppe, hat zu diesem Zeitpunkt bereits längst deren Leitung übernommen. Ihm stehen qualifizierte Musiker zur Seite.

Das Repertoire der Dellnhauser Musikanten

aus fünf Jahrzehnten umfasst etwa 300 handgeschriebene Volksmusikstücke und ca. 260 ständig verfügbare Standardtanzmusiknummern, die nach Bedarf ausgewechselt werden.

Hinzu kommt ein kompletter Stimmensatz mit Kirchen-, Marsch-, Prozessions-, Grabmusiken und Chorälen. Zahlreiche Konzert- und Charakterstücke, Salonmusiken, Potpourris sowie Unterhaltungsmusikstücke runden das Repertoire ab.

Diskografie und weitere Veröffentlichungen

Im Laufe der Jahrzehnte haben die Dellnhauser Musikanten ca: 180 Titel bei der Abteilung Volksmusik des Bayerischen Rundfunks eingespielt. Zusätzliche 100 Titel hat die Gesangsgruppe Eberwein aufgenommen. Zusammen mit den anderen Familiengruppen, den Eberwein-Kindern, dem Eberwein-Dreigesang und den Couplets von Josef Eberwein stehen ca: 300 Titel im Schallarchiv des Bayerischen Rundfunks zur Verfügung. Darüber hinaus können die Dellnhauser Musikanten auf 24 Tonträgerproduktionen mit insgesamt 350 Titeln verweisen.

Neben drei Liederbuchveröffentlichungen ist eine achtbändige Notenausgabe mit dem Titel "Bairische Tanzbodenmusi" veröffentlicht.

Viele Auftritte führen die Dellnhauser Musikanten auch ins Ausland:

z. B. nach Österreich, Italien, in die Schweiz, nach Frankreich, Schweden, Indonesien, Japan, China, Indien und in die USA.

Auf einer ihrer zahlreichen Auslandsreisen. Michael Eberwein und Fritz Winter in Japan.
Auf einer ihrer zahlreichen Auslandsreisen. Michael Eberwein und Fritz Winter in Japan.


Michael Eberwein, Robert Egg, Fritz Winter
Michael Eberwein, Robert Egg, Fritz Winter

Unverändert frisch klingt die Musik

des siebenköpfigen Ensembles um Michael Eberwein bis zum heutigen Tag. Ihren Erfolg verdanken die Dellnhauser Musikanten vor allem ihrem perfekten und eigenständigen Musizierstil. Den haben sie geprägt, so unverwechselbar wie das Aroma der Hallertau.

Mit unübersehbarer Spielfreude, einem unglaublich Repertoire und der Vielfältigkeit ihrer Musik, begeistern die Dellnhauser Musikanten stets ihr Publikum, egal welchen Alters.

Dabei greifen sie auf ein schier unerschöpfliches Repertoire an selbst komponierten und arrangierten Stücken zurück und sind zurecht für ihre schmissigen Zwiefachen berühmt. Ob auf dem Tanzboden oder auf der Konzertbühne, die Dellnhauser Musikanten verstehen es wie kaum ein anderer, ihre traditionelle bayerische Musik perfekt darzubieten.

Getreu ihrem Motto - Tradition verpflichtet!